Ein offenes Unterwassermuseum, dass im Mittelmeer seinesgleichen sucht, kann nach einer kurzen Premiere im vorigen Jahr nun erneut vor der Küste der Insel Asinara über oder unter Wasser besucht werden – und zwar die gesamte Sommersaison über bis zum 15. September. Die 39.000 Fundstücke stammen von einem römischen Schiff, das vor etwa 1500 Jahren auf einer Rückreise von der iberischen Halbinsel in der Bucht des heutigen Cala Reale Schutz gesucht hatte, dabei auf Grund gelaufen und abgesoffen war.
Bei den Fundstücken handelt es sich um teils vollständig erhaltene Teller, Becher und vor allem Amphoren, die einst mit gepökeltem Fisch und Garum gefüllt waren – einer Würzsoße, die aus Fischinnereien und gesalztem Fischfleisch bestand und den Römern seinerzeit als Beilage für viele Gerichte diente. Taucher, die auf den Schatz erst Anfang der 90er-Jahre gestoßen waren, haben die Stücke vor vier Jahren geborgen. Nachdem sie von Archäologen untersucht worden waren, wurden sie 300 Meter von der kleinen Hafenmole Cala Reales entfernt ins offene Wasser zu einer eigens dafür ausgehobenen Grube (Kantenlänge 30 Meter, Tiefe 0,5 Meter) gebracht, die sich sieben Meter unter der Wasseroberfläche befindet.
Was in der Pressemitteilung und auch in den Lokalblättern nicht stand: die intakten, sorgfältig restaurierten Fundstücke wurden natürlich nicht ins Wasser zurückgeworfen, sondern sind zu Ausstellungszwecken an Land geblieben. Das, was im Wasser zu sehen ist, ist in gewisser Weise also nichts weiter als eine Müllkippe steinalter, schrottreifer Amphoren, und zwar Tausende. Aber wo sonst gibt es in Italien schon so hübsche Müllkippen mitten im Schoß von Mutter Natur zu bewundern?
Auf eigene Faust kann der Ort allerdings nicht aufgesucht werden. Interessierte müssen sich für organisierte Boots-, Schnorchel- oder Tauchausflüge an die Tauchschule wenden, die von der Nationalpark-Verwaltung dafür die Konzession erhalten hat (hier geht’s zum Link in italienischer und englischer Sprache).
Für Taucher weitaus interessanter dürfte allerdings die Tatsache sein, dass die Tauchschule seit kurzem erstmals auch über die Konzession verfügt, Unterwasserausflüge um die gesamte Insel herum zu organisieren, darunter auch Tauchgänge in allen Apnoe-Disziplinen (das Freitauchen – also ohne Sauerstoff-Geräte). Das Youtube-Video zeigt einen Apnoe-Tauchgang mit Gewichtsschlitten der Kategorie No Limits vor Asinara in 31 Metern Tiefe.
Fauna und Flora von Asinara zählen mit Sicherheit zu den mit Abstand schönsten Regionen, die die ohnehin schon außergewöhnliche Unterwasserwelt Sardiniens zu bieten hat. Denn auch, bevor die Insel Nationalpark wurde, war sie samt ihrer Küstenregion für die Öffentlichkeit komplett gesperrt, da das italienische Innenministerium auf ihr ein Hochsicherheitsgefängnis betrieb, in der Mafiosi und andere Schwerverbrecher untergebracht waren. An kaum einem anderen Ort hat sich die Tier- und Pflanzenwelt in den vergangenen Jahrzehnten so ungestört und natürlich entfalten können wir hier.
Auch die Insel selbst, mit knapp 52 Quadratkilometern knapp hinter der Isola di San Pietro drittgrößte der sardischen Archipele, ist in vielerlei Hinsicht einzigartig. Einen guten ersten Überblick dazu gibt es auf der Homepage des Asinara-Nationalparks (bislang nur auf Italienisch).
Ein Ausflug nach Asinara sollte auf jeden Fall gut im Voraus geplant werden – allein wegen der Fährverbindungen, die zwischen Porto Torres und Cala Reale nur jeweils zweimal morgens und am späten Nachmittag verkehren. In Stintino kann man sich ein Wassertaxi mieten. Es gibt auch Möglichkeiten zur Übernachtung im einzigen Hotel – den Ostello Cala d’Oliva. Einen guten Überblick (allerdings ebenfalls nur auf Italienisch), wie man sich auf der Insel (geführt, per Rad, zu Fuß) und um sie herum (Kanu, Pescaturismo, Segel- oder Motorboot und vieles mehr) bewegen kann, gibt es hier.