Sardinien Intim

Streit um die Zukunft der Isola di Budelli – Leistet sich der angeschlagene Staat eine Insel?

Kurz vor Fristablauf des Vorkaufsrechts der Isola di Budelli durch die öffentliche Hand flammt noch mal ein Schlagabtausch zwischen einigen Umweltaktivisten und dem privaten Investor Michael Harte auf, der das 1,6 Quadratkilometer kleine Paradies an der Meerenge von Bonifacio zwischen Sardinien und Korsika im vergangenen Oktober bei einer öffentlichen Zwangsversteigerung für rund 3 Millionen Euro erworben hat. Die Insel, die unter der Verwaltung des Naturparks des Maddalena-Archipels steht und strengsten Naturschutzauflagen unterliegt, die keinerlei bauliche Aktivitäten erlauben, war seit mehreren Jahrzehnten in Privatbesitz einer Immobiliengesellschaft mit Teilhabern aus Olbia und Mailand, die im vorigen Jahr bankrott ging.

Um die Insel zurückzuerwerben, die abgesehen von ihrer einzigartigen Lage vor allem wegen ihres rosafarbenen Strandes und des ersten Farbfilms von Michelangelo Antonioni (“Die Rote Wüste”, 1964) berühmt geworden ist, muss die öffentliche Hand bis zum 8. Januar 2014 offiziell das Vorkaufsrecht geltend machen, was sie bislang noch nicht getan hat, vor dem 31. Dezember 2013 allerdings aus finanzpolitischen Gründen auch nicht tun konnte. Der italienische Senat hatte Mitte Dezember rechtlich den Weg freigemacht für die Regierung, die Vor- und Nachteile des öffentlichen Erwerbs der Isola di Budelli abzuwägen. Allerdings hatten sich zuvor schon der Umweltausschuss des Parlaments, der Dachverband der italienischen Naturparks (Federparchi) sowie die Umweltschutzorganisationen Legamebiente und Fai (Fondo Ambiente Italiano) gegen die Übernahme der Insel durch den Staat ausgesprochen.

Der Zutritt des 12 Kilometer von der Mutterinsel entfernten Eilandes ist – unabhängig von der Eigentümerschaft – in stark begrenztem Umfang Besuchern nur im Rahmen geführter Ausflüge durch die Parkverwaltung erlaubt. Das Anlegen privater Boote im Küstenbereich, Sportfischen jeglicher Art und selbst das Baden sind dort stark eingeschränkt oder völlig untersagt. Die Zutrittsrechte waren von der Parkverwaltung  seit den 80er Jahren immer stärker limitiert, weil immer mehr Touristen das ökologische Gleichgewicht der Mini-Insel gefährdeten und zudem auch noch tütenweise rosa Sand als Souvenir mitnahmen.

Michael Harte, ein neuseeländischer Bankier und Investor, will eine gemeinnützige Stiftung aus privaten und öffentlichen Einrichtungen unter enger Einbindung der Parkverwaltung für die Isola di Budelli und das gesamte La-Maddalena-Archipel gründen, die Meeresforschung betreibt und sich aktiv um Naturschutz und Erhalt von Flora und Fauna kümmern soll, unterstützt von international angesehen Universitäten und zahlreichen öffentlichen und privaten Umwelteinrichtungen, wofür Harte allein für die nächsten zwei Jahre einen Investitionsfonds von rund 6 Millionen Euro zur Verfügung stellen will, EU-Fördergelder eingeschlossen.

“Drei Millionen Euro aus der Staatskasse für den Erwerb einer privaten Insel zu zahlen, die bereits strengen Naturschutzauflagen unterliegt, sind eine Menge Geld, die der Staat weitaus besser investieren könnte”, sagte Harte mit Blick auf die hohe Arbeitslosenquote und klamme öffentliche Kassenlage, von der besonders sardische Kommunen betroffen sind. Zudem bezweifele er, dass der Staat zusätzlich zum Erwerb der Insel dann auch noch die nötigen Gelder aufbringen könne, um den Umweltschutz dort “effektiver als bisher” voranzubringen.

Der frühere grüne Umweltminister Alfonso Parcoraro Scanio hat hingegen seit Oktober über die Internet-Plattform change.org mehr als 100.000 Unterschriften für den Rückkauf der Insel durch den Staat gesammelt. Pecoraro Scanio bezeichnete die Absicht Hartes zwar als “scheinbar gut”, will aber nicht den gemeinnützigen Ansatz anerkennen und schlug vor, Harte solle die drei Millionen Euro einfach für Forschung und Naturschutz auf der Isola di Budelli spenden.

Harte appellierte hingegen an den aktuellen Umweltminister der Letta-Regierung Andrea Orland, auf das Vorkaufsrecht zu verzichten und mit ihm zu kooperieren. “Dies ist ein Moment, in dem private Investoren und die öffentliche Hand zusammenarbeiten müssen.” Sein Interesse an Meeresforschung und Naturschutz habe “rein philanthropische Gründe”. Er wolle einen Beitrag dazu leisten, mit einer “korrekten Ressourcenverwaltung” künftigen Generationen dabei zu helfen, “kulturell und ökonomisch zu wachsen und dabei gleichzeitig den Umweltschutz zu fördern”.

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