Einen überraschenden, erfrischen Blickwinkel, Sardinien kennenzulernen, hat jetzt ein Forschertrupp der Universität Cagliari um den Architekten Marco Cadinu präsentiert. Zwar handelt er von einem Element, dessen außergewöhnliche Güte und Klarheit die Insel so bekannt gemacht hat. Doch bei der Variante, um die es hier geht, fehlt das Meersalz: es geht um Quellen.
In einer Region wir Sardinien, in der eher nordafrikanische als zentraleuropäische Wetterverhältnisse herrschen, die der ohnehin kargen Landwirtschaft das Leben noch schwerer machen, haben natürliche Trinkwasserquellen bei der Siedlungsgeschichte eine noch viel wichtigere Rolle gespielt als andernorts. Was sich in der im Vergleich zu anderen italienischen Regionen an architektonischen Denkmälern eher armen Region besonders widerspiegelt in den Bauwerken wie Brunnen, Aquädukten, Thermen und Waschstellen.
Und genau das ist der Ansatzpunkt für die Reise von Cadinu, der sich mit seinem Kollegen Stefano Mais, dem Fotografen Stefano Ferrando und dem Regisseur Massimo Gasole im Sommer 2018 auf den Weg machte zu einem “Road Trip” durch Sardinien, der herausragenden, speziellen Bauwerken rund um das Thema Quellen folgt. “Mit einem kleinen Schuss mehr Liebe für die wichtigen Dinge unseres kulturellen Erbes lässt sich eine endlose Reihe von wunderschönen Sachen entdecken, die die sardische Gesellschaft und unser Leben hier geformt hat”, beschreibt Cadinu die Grundidee für sein Projekt. “Das Leben wird noch reicher und schöner, wenn wir uns auch um die Schönheit der kleinen Dinge kümmern.”
Der Dokumentarfilm bewirbt auf plakative, gediegen schöne und unterhaltsame Art das Ergebnis einer mehrjährigen Recherche von Architekten, Historikern, Städteplanern und Fotografen. Die Wissenschaftler haben im Verlauf ihrer Recherche und Analysen mehr als 450 Quellen in 160 Gemeinden erfasst, kartographiert und architektonisch detailliert beschrieben – ein absolutes Novum der sardischen Architekturgeschichte. Cadinu gilt als Experte auf dem Gebiet, er erforscht seit Jahren die Baugeschichte seiner Heimatinsel.
• Dokumentarfilm: Von der Reise wurde eine 70-minütige Reportage mit dem Titel “Funtaneris – sulle strade dell’acqua” mit plakativen Bildern, zahlreichen Interviews mit Einheimischen und bluesiger Musik gedreht, die man sich hier anschauen kann. (bis jetzt nur auf Italienisch).
• Infos zu den Bauwerken: Ausführliche Infos zu einzelnen herausragenden Bauwerken gibt es zudem auf der Homepage des Projekts, die unter der Adresse www.fontandedisardegna.eu abgerufen werden kann (bislang ebenfalls nur auf Italienisch). Auf der Homepage ist auch eine Karte mit den Bauwerken verzeichnet.
• Kostenlose App mit empfohlenen Trips und Infos: Für Android-Geräte gibt es kostenlose App mit Informationen zu den Bauwerken, ihre Geschichte und Vorschlägen für verschiedene Rundfahrten.
• Vertiefende Fachliteratur als kostenlose PDF: Wer sich intensiver mit dem Thema befassen will, kann sie sich kostenlos hier runterladen!
Pricklender Nebeneffekt für diese neue Art zu reisen: Selbst im Hochsommer, wenn die Temperaturen im Inselinnern an der 40-Grad-Grenze kratzen, kann man auf größere Reserven eines Elexiers verzichten, ohne die solche Reisen sonst nicht organisiert werden sollten: frisches Trinkwasser. Denn viele der alten, größeren Quellen sind nach wie vor in Betrieb und vielerorts liebevoll saniert worden.
Und wie schon vor Jahrhunderten pilgern die Sarden auch heute noch zu diesen Quellen, um sich mit leeren Weingallonen, Kanistern, Plastikflaschen oder einfach nur dem eigenen Mund mit frischem, erstklassigen Trinkwasser zu versorgen.