Flammende Himmel, süße Düfte, warmes Meer – so lockt der Herbst auf Sardinien
Ortueli, Mandrolisai. Fotos von: Enrico Napoleone
Cagliari, 5. November 2023. In den Wäldern der Gallura leuchten die sienafarbenen Stämme der geschälten Korkeichen, gefallenes Laub bedeckt den Boden wie ein gelber Teppich, die Schornsteine dampfen, am Straßenrand verströmen frisch geröstete Kastanien ihr nussigsüßes Aroma – endlich wieder Herbst, sardischer Herbst! All die schönen Dörfer im Landesinnern, in denen man es im Sommer vor lauter Hitze ohne Meer kaum aushalten kann, werden mit den sinkenden Temperaturen zu urgemütlichen Zufluchtsorten, um eine Weile in das langsame Leben einzutauchen.
Einem der vielleicht merkwürdigsten Fruchtbäume dieser Jahreszeit, glühen fast in der immer kahler werdenden Landschaft die Früchte: Kakis, so groß und orange wie Zierkürbisse, hängen prall und schwer an den dunkelbraunen, fast schwarzen Ästen. Milis, ein kleines Dorf in der Provinz Oristano, ist für die hervorragende Qualität seiner Zitrusfrüchte in der ganzen Umgebung bekannt. Nüsse, Mandeln, Mandarinen und Granatäpfel, so süß, wie man sie nirgendwo anders findet, werden für Preise, von denen man in Deutschland nur träumen kann, auf jedem Markt und sogar am Wegesrrand der 131 von fliegenden Händlern verkauft. Tannenzapfen und Pilze im Unterholz der Wälder zu suchen, hat etwas Kathartisches an sich. Ein Kamin im Haus sollte auch nicht fehlen.
Ein persönlicher Tipp: Ab September bis Ende November tragen auch die endemischen Corbezzoli-Bäume ihre Früchte. Der Corbezzolo (Meerkirsche), dessen Blütennektar Bienen in eine der köstlichsten (und auch nach der Verarbeitung teuersten) Honigsorten Italiens mit leicht bitterem Geschmack verwandeln, lockt mit süßen, rot-orangefarbene Beeren, die im November reif sind. Diese Bäume mögen es kälter, also findet man sie erst ab einer gewissen Höhe. In den Bergen von Is Concias (eine halbe Stunde Autofahrt aus Cagliari), auf den Sette Fratelli, im ganzen Nuorese-Gebiet und in den anderen Hochgebieten Sardiniens, wachsen sie überall.
Der Corbezzolo-Baum genießt auch in der Italienischen Geschichte hohen Ruhm: er war das Zeichen Italiens in der Renaissance. Giovanni Pascoli, einer der wichtigsten italienischen Dichter des zwanzigsten Jahrhunderts, sah in der Pflanze eine erste Form der italienischen Flagge: das Rote der Früchte, das Weiße der Blumen und das Grüne der Blätter.
Und im Herbst kann auch das Mittelmeer überraschen: Es ist selten ein Oktober verstrichen, an dem die Sonne nicht für mehrere Tage so stark schien, dass sich am Poetto und an anderen größeren Stränden wie die in Chia oder Villasimius sogar die herbstscheusten Einwohner wieder ins Wasser wagen. Die Wassertemperaturen können manchmal noch bis in den November hinein erträglich angenehm zum Baden bleiben. Fast überall an der Küste liegt sie noch über 20 Grad, Spitzenreiter war am Wochenende Alghero mit schmeichelhaften 23 Grad. Zu den aktuellen Wassertemperaturen geht es hier.