Edel, raffiniert, verführerisch: Sardiniens Sagra di Sant’Efisio verzaubert Besucher am 1. Mai
Cagliari, 23. April 2024. Trachtenumzüge stehen in Deutschland nicht besonders hoch im Kurs. Was weniger daran liegt, dass es im Gegensatz zu Sardinien kaum welche gibt, sondern mehr an den Trachten selbst. Eine gelebte Tradition ist kaum vorhanden, die große Umzüge rechtfertigen würde. Doch das, was Sardinien Jahr für Jahr am 1. Mai bietet, ist etwas ganz, ganz anderes: In Sardiniens Hauptstadt Cagliari jährt sich zum 368. Mal die legendäre Sagra di Sant’Efisio – der größte, schönste und beeindruckendste Trachtenumzug der gesamten Insel.
An keinem anderen Ort zu keiner anderen Zeit kann man einen Blick auf die umwerfend elegante, filigrane und stolze Schönheit der Trachtenfolklore werfen wie am 1. Mai, wenn sich am Vormittag auf den Straßen direkt gegenüber vom Hafen in Cagliari endlose Ochsenkarren-Karawanen wälzen, die Wagen kunstvoll geschmückt, flankiert und besetzt mit sardischen Männern und Frauen, die ihre Jahrhunderte alten edlen Kleider zur Schau stellen.
Die Sagra di Sant’Efisio, die zu Ehren des Schutzpatrons der Stadt seit mehr als 300 Jahren an das Besiegen der Pest erinnert, ist kein muffiger Trachtenumzug, sondern ein Spiegel der sardischen Seele, der gediegenen Schönheit ihrer Menschen und unglaublichen Eleganz und Vielfältigkeit der Schneider- und Goldschmiedekunst, das in ganz Italien seinesgleichen sucht. Ein Fest der Sinne, das auch jene mitreißt, die normalerweise auf Tradition pfeifen und beim Wort Folklore eher Pickel im Gesicht bekommen.
Wer nicht in diesem Jahr dabei sein kann, dem seien die Fotografien von Carlo Marras empfohlen. Niemanden gelingt es besser als diesem cagliaritanischen Fotografen, dieses farbenfrohe Spektakel in Szene zu setzen. In seinen Bildern spiegelt sich auch das wider, was in anderen Regionen im italienischen In- und Ausland selten so ausgeprägt gelebt wird wie auf Sardinien – nämlich dass vor allem Jugend und junge Erwachsene stolz und selbstbewusst leben.
Wer das nicht glaubt, der möge sich Cagliari selbst von der Schönheit überzeugen. Oder die Fotos von Carlo Marras genießen.